Schüler Nachhilfe wegen Corona-Ausfall
Schüler wurden durch die Corona-Pandemie im Besonderen getroffen. Durch Schulschließungen und technische Hürden im Homeschooling ist deutschlandweit seit Dezember ein extrem hoher Ausfall an Unterrichtszeit zu verzeichnen. Hierdurch konnte Lehrstoff vielfach nicht oder nur unzureichend vermittelt werden. Die Bundesregierung möchte diesem Missstand nun entgegenwirken und schnürt hierfür ein 2 Milliarden Euro schweres Hilfspaket.
Viele Schüler besitzen großen Lernrückstand
Die coronabedingten Einschränkungen haben bei vielen Schülern zu erheblichen Defiziten im Erfassen des Lehrstoffs geführt. Gemäß Bildungsministerin Anja Karliczek (SPD) handelt es sich hierbei um ein weitverbreitetes Phänomen. Ihrer Einschätzung nach seien 20 bis 25 Prozent der Schüler von „deutlichen Lernrückständen“ betroffen. Auch das Münchner Ifo-Institut kommt in einer Studie zu einem vergleichbaren Ergebnis und sieht bei 20 Prozent der Schüler einen erhöhten Förderbedarf. Die hohe Zahl der Betroffenen wird in der Studie darauf zurückgeführt, dass deutsche Schüler im zweiten Lockdown im Schnitt drei Stunden am Tag weniger gelernt hätten als zu normalen Zeiten.
Regierung bewilligt Corona Aufholprogramm
Mit ihrem am 5. Mai bewilligten Corona-Aufholprogramm möchte die Bundesregierung dieser Fehlentwicklung entgegenwirken. Um die anfallenden Aufgaben bewältigen zu können, wurden 2 Milliarden Euro für dieses und nächstes Jahr bereitgestellt. Dies entspricht einer durchschnittlichen Fördersumme pro Schüler in Höhe von etwas über 180 Euro. Zum Vergleich: Von November bis Mitte Mai wurden knapp 20 Milliarden der Coronahilfen für Unternehmen ausbezahlt. Fließen sollen die bereitgestellten Hilfsgelder an die für die schulische Bildung zuständigen Bundesländer. Allerdings ist mit einem Auszahlungsbeginn erst im Herbst und nicht, wie ursprünglich geplant, im Sommer zu rechnen.
Hilfspaket umfasst nicht nur schulische Aufgaben
Mit den Fördermitteln will der Bund nicht nur Lernrückstände der Schüler ausmerzen, sondern auch eine Vielzahl anderer Maßnahmen fördern. So sollen lediglich 50 Prozent der Hilfen für Nachhilfe- und Förderprogramme aufgewendet werden. Hierbei eingeschlossen sind auch Maßnahmen zur Sprachförderung und der Sozialarbeit an Schulen. Der Rest des veranschlagten Budgets soll nicht für die Lernförderung, sondern für außerschulische Projekte ausgegeben werden. Hierzu zählen beispielsweise Zuschüsse für Sportvereine oder den Musikunterricht. Darüber hinaus soll die Teilnahme an Feriencamps erleichtert und Zuschüsse für den Familienurlaub in gemeinnützigen Einrichtungen, ebenso wie eine Einmalzahlung für Kinder aus Hartz-IV-Familien in Höhe von 100 Euro finanziert werden.
Personalmangel als Problem
Das Aufholen des Lernrückstandes dürfte sich vielerorts in der Praxis trotz der Bundeshilfe als schwierig erweisen. So ist nicht abzusehen, dass auch bei Einbeziehen von pensionierten Lehrern, Lehramtsstudenten und privaten Nachhilfekräften genügend Personal vorhanden ist, um eine adäquate Betreuung der Schüler zu gewährleisten. Für die konkrete Ausgestaltung des Aufholpaketes ist deshalb mit einem Stadt-Land-Gefälle zu rechnen, da in ländlichen Gebieten geschultes Personal, zum Beispiel Lehramtsstudenten, noch knapper als in Großstädten ist. Als Lösung dient hier die Online-Nachhilfe, die bequem vor dem elektronischen Endgerät stattfinden kann.
Zwischen aufholen und Kapitulation: Konkretes Konzept noch umstritten
Neben der Personalfrage ist auch noch offen, ob die Zielsetzung des Aufholpaketes darin bestehen sollte die Lernlücke komplett zu schließen. Kritiker wie der Bildungsforscher und Didaktiker Ulrich Kortenkamp von der Universität Potsdam warnen beispielsweise vor Nachhilfeprogrammen in den Ferien, da die betroffenen Kinder diese Zeit zur Erholung benötigen würden. Auch eine angedachte sechstägige Schulwoche wird häufig, beispielsweise von der Bildungspolitikern Kathrin Dannenberg (DIE LINKE), aus ähnlichen Gründen kritisch gesehen. Deshalb scheint auch die Verlängerung der Schulzeit um ein Jahr eine mögliche Alternative zu sein. Andere Stimmen bevorzugen das schlichte Weglassen von Lehrstoff und damit eine faktische Akzeptanz der Lernlücke und damit von fehlendem Wissen der Schüler.