Unser Iron Man – Fixateur externe beim Kind

Unser Iron Man – Fixateur externe beim Kind

Ein vermeintlich harmloser Unfall, falsche Diagnose und 5 Wochen falsche Behandlung, 3 OPs, 2 Wochen Krankenhaus und 6 Wochen Fixateur externe beim Kind. Was alles schiefgehen kann und wie man trotzdem das Beste draus macht.

Ein Bluterguss im Ellenbogen…

„Was hast du denn gemacht?“ Jeder, der Jamies Fixateur externe sieht, ist erst einmal geschockt. Wie kann so etwas passieren? Was für ein wilder Junge! Dabei hat er nur gespielt. Auf dem Schulhof. Er ist auf den Kletterbalken (liegende Baumstämme) balanciert und herunter gehüpft, wie so oft. Beim letzten Sprung hat er versucht, sich mit der Hand abzustützen. Dabei ist er so ungünstig gelandet, dass die Speiche aus dem Ellenbogengelenk gesprungen ist.

Sofort wurden wir von der Schule benachrichtigt, leider waren mein Mann und ich für einen Kurztripp weg. Mein Vater ist daher mit Jamie ins Krankenhaus gefahren. Diagnose: Bluterguss im Ellenbogen. Nichts Schlimmes. Eine Woche Verband und etwas ruhig halten sollten reichen.
In der Nacht hatte er solche Schmerzen, dass meine Mutter noch einmal mit ihm ins Krankenhaus gefahren ist. Der Arzt war völlig genervt „was für ein Aufwand wegen eines kleines Blutergusses! Kinder sollten Nachts schlafen!“ Meine Mutter hatte ein schlechtes Gewissen, dass sie noch einmal ins Krankenhaus gefahren ist. Nach einem Verbandswechsel wurden sie wieder nach Hause geschickt.

Eine Woche später kam der Verband ab und wir sind in die Ferien gefahren – eine Woche Mallorca, eine Woche Holland, eine Woche Alfsee. Irgendwann waren die Ferien vorbei und Jamies Arm immer noch nicht behandelt…

Nach 5 Wochen endlich die richtige Diagnose: Ellenbogenluxation

Jamie hatte die ganze Zeit keinerlei Schmerzen. Er konnte den Arm nur nicht ganz strecken oder beugen. Lag ja an dem Bluterguss im Ellenbogen. Es kam uns nur komisch vor, dass dieser Bluterguss gar nicht kleiner wurde, daher sind wir (wieder mit schlechtem Gewissen) doch noch einmal zum Arzt gegangen. Dieses Mal aber zum Orthopäden. Dann ging auf einmal alles ganz schnell: zweite Meinung beim Kollegen einholen, Überweisung ins Krankenhaus (ein anderes Krankenhaus als 5 Wochen zuvor…), MRT, OP-Gespräch und eine Woche später OP-Termin.

Der Bluterguss war kein Bluterguss, sondern der Knochen, der aus dem Ellenbogen gespruchen war! Die Luxation wurde ganze 5 Wochen lang nicht erkannt und behandelt. Dadurch konnte sie nicht mehr einfach eingeränkt werden, sondern musste operiert werden.

Die erste OP – Fixieren der Luxation mit einem Draht

Die erste OP sind wir noch guter Dinge angegangen. Klar war es blöd, dass die Luxation nicht eher erkannt wurde und er nun operiert werden musste. Andererseits hatten wir unbeschwerte Sommerferien und kein Verband hat uns diese vermiest. Also diese kleine OP hinter sich bringen und weiter geht’s….
Die OP Folgen waren schrecklich. Jamie ging es schlecht, er hat die Narkose nicht vertragen und fast 24 Stunden lang nur gebrochen. Danach ging es schnell besser. Freitags durften wir nach vier Tagen Krankenhaus nach Hause gehen. Dann der nächste Schock: die OP war nicht erfolgreich! Die Speiche war wieder aus dem Ellenbogen gerutscht. Der Draht hat sie nicht an Ort und Stelle halten können.
Bei der nächsten OP sollte entweder ein zweiter Draht angebracht werden, oder – aber nur im absoluten Worst Case – ein Fixateur externe. Jamie habe ich davon erst einmal lieber nichts erzählt…

Fixateur externe beim Kind am Arm, Ellenbogen (1) Fixateur externe beim Kind am Arm, Ellenbogen (1)

Die zweite OP – Fixateur externe

Vor der zweiten OP hatten wir besonders große Angst – Fixateur oder doch nur ein zweiter Draht? Wir haben so sehr auf die zweite, einfachere Variante gehofft. Als Jamie aus dem OP kam, war sofort klar, dass wir das Worst Case Szenario erwischt hatten. Der Fixateur externe war nicht zu übersehen :/. Wir waren schockiert und Jamie wusste gar nicht, was los ist. Nach der OP war er völlig durch den Wind, hat geschrien wie am Spieß und nicht aufgehört zu weinen. Dabei hat er wild mit den Armen gerudert und der Schlauch vom Tropf verfing sich im Fixateur. Er wusste nicht, wie er mit dem Gestell liegen soll. Eine absolute Katastrophe! Zum Glück sind wenigstens die Schwestern ruhig geblieben und haben uns geholfen. Nach ein paar Schmerz- und Beruhigungsmitteln ging es besser und er hat noch einmal etwas geschlafen.

Wie macht man einem Kind so ein Ding schmackhaft?

„Du bist jetzt Iron Man! So etwas wie du hat sonst niemand! Du bist ein ganz tapferer Held!“
Für genug Aufmerksamkeit hat das Gestell auf jeden Fall von ganz alleine gesorgt, er war überall der absolute Hingucker und alle wollten wissen, was das ist. Auch für die Krankenschwestern und Ärzte war das etwas ganz Ungewöhnliches, es war immer eine Traube Menschen um Jamie herum. Immerhin hat er die Aufmerksamkeit genossen. Auch so war Ablenkung wirklich die beste Lösung. Wir bekamen viel Besuch und Jamie viele Geschenke, Briefe und Süßigkeiten. Außerdem hat er vom Krankenhaus eine tolle Tapferkeits-Urkunde bekommen 🙂

OP Nummer 3 – ein beleidigter Nerv

Leider gab es auch nach der 2. OP Schwierigkeiten: Jamie konnte auf einmal seine Hand und seine Finger nicht mehr bewegen. Ich war völlig schockiert, damit hatten wir nun wirklich nicht gerechnet. Die Ärzte hatten die Vermutung, dass entweder einer der vier Pins (die halten den Fixateur im Knochen) an einem Nerv kratzt, oder der Nerv bei den beiden OPS beschädigt wurde… Daher musste Jamie – einen Tag nach seiner 2. OP – noch ein drittes Mal operiert werden. Zum Glück ging es ihn danach schnell wieder ganz gut. Der Nerv war nicht beschädigt, sondern nur „beleidigt“ und wird sich in den nächsten Wochen und Monaten wohl wieder einkriegen. Mittlerweile (3 Wochen nach der OP) kann Jamie schon wieder alle Finger bewegen, nur das Handgelenk will noch nicht wieder.

Was zieht man bei einem Fixateur externe an?

Das war die Frage aller Fragen und doch einfacher gelöst als befürchtet. Anfang September war es noch sehr heiß, sodass Jamie erst einmal nur Unterhemden bzw. Tankshirts getragen hat. Anschließend habe ich den linken Ärmel von T-Shirts an der Naht aufgetrennt, so konnte er über den Fixateur gezogen werden. Auch T-Shirts in zwei Nummern größer funktionieren gut, da sind die Ärmel so weit, dass man sie über das Gestell ziehen kann. Regen und Kälte sind allerdings schon ein Problem…. Ärmellose Westen und Ponschos funktionieren am besten, außerdem kann man auch bei Langarmshirts einfach einen Ärmel auftrennen oder abschneiden.

Wie geht es jetzt weiter?

Nachdem wir zwei Wochen im Krankenhaus waren (normalerweise reicht maximal eine Woche beim Anbringen des Fixateur externe), durfte Jamie eine Woche lang nicht zur Schule. Insgesamt hat er also nur 3 Wochen verpasst.
Seit wir wieder zu Hause sind, läuft es eigentlich ganz gut. Klar darf er nicht groß toben. Aber nach einer Woche waren sogar schon wieder kleine Ausflüge möglich.
Zweimal in der Woche müssen wir ins Krankenhaus zum Verbandwechsel, alle vier Wochen zum Neurologen wegen der Hand und demnächst auch noch zur Krankengymnastik.
Nach insgesamt 6 Wochen kommt der Fixateur externe wieder ab, natürlich unter Vollnarkose. Die OP soll aber wohl nicht so aufwändig sein. Danach geht es noch ein paar Wochen weiter mit Krankengymnastik.
Wir hoffen, dass er zu Weihnachten alles überstanden hat.

Eva

Ich bin seit 2008 Produkttesterin, seit 2011 mit dem eigenen Produkttestblog. In meinem Blog schreibe ich über Online-Shops, Produktneuheiten, Freizeitaktivitäten und Reiseziele für Familien und starte wöchentlich Gewinnspiele und Testaktionen für meine Leser. Ich bin alleinerziehend und wohne zusammen mit Tochter Zoe (geb. Februar 2008) und Sohn Jamie (geb. Dezember 2010) in Kirchlengern. Hauptberuflich bin ich zuständig für die Lohn- und Gehaltsabrechnung der Mitarbeiter.

11 Gedanken zu “Unser Iron Man – Fixateur externe beim Kind

  1. Oh man, der arme Jamie, das tut mir total leid. Eure Nerven lagen sicher teilweise blank. Keine schöne Sache, die nun aber hoffentlich ein gutes Ende nimmt.

    LG Martina

    1. ja, vor allem nach der 2. und 3. OP lagen die Nerven blank… wir sind auch sehr froh, dass es immer besser wird und er mittlerweile so gut damit zurecht kommt.

  2. Oh man, tut mir auch echt leid was der kleine Mann schon so ausstehen musste. Aber ich bin beruhigt, dass er sich auf dem Weg der Besserung befindet. Da könnt ihr wirklich noch froh sein, dass ihr unbeschwerte Ferien hattet. Bei der Kleiderfrage wäre ich auch sehr ratlos gewesen. Habt ihr dem Arzt im Krankenhaus für die Fehldiagnose „gedankt“. Ich glaube, dass könnte ich mir dann nicht verkneifen…Liebe Grüße und weiterhin alles Gute

  3. Liebe Eva,

    oh man, da habt Ihr ja wirklich was durch. Manchmal wundert man sich dann auch doch ein bisschen und fragt sich, wie kann sowas nur passieren.

    Alles Gute für Euch
    Liebe Grüße
    Konzi von Lagoonadelmar

  4. Hallo Eva, habe seit 4 Monaten selber einen Ringfixateur am Fuß und noch 8 Monate vor mir. Muss mir jetzt für die kalte Jahreszeit auch etwas Kleidung selber nähen. Es gibt einfach nichts Passendes. Vielleicht kann ich mit ein paar Ideen beitragen. LG Manuela

  5. Liebe Eva,
    wir machen gerade das Gleiche mit unserer Tochter (6J) durch.Das Radiusköpfchen ist nach der 2. OP und 6Monaten Physio jetzt wieder luxiert. Könntest du mir sagen, wo und von wem Jamie operiert wurde, wir sind auf der Suche nach einem Spezialisten.
    Viele Grüße, Julia

    1. Oh nein, das ist ja schrecklich! Jamie geht immer noch 3x wöchentlich zur Krankengymnastik, luxiert ist es zum Glück nicht noch mal…
      Wir waren im Klinikum Herford, operiert hat der Oberarzt Dr. Reichmann.

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